Zur Jahreswende

Wieder ein Jahr entschwunden!
Glocken klagen von fern.
War es ein gutes, ein trübes,
Bracht‘ es dir Weh oder Liebes ­
Leg‘ es in Jesu Wunden,
Leg‘ es ins Herz deines Herrn!
Siehe, dort lacht das neue,

Hell wie der Morgenstern!
Wird’s dich mit Rosen bedenken?
Wird es mit Domen dich kränken?
Bete, befiehl es ins treue,
Liebreiche Herz deines Herrn!
Bringt es dir wonnige Rosen,
Hege sie freudig und gern!
Doch, wie ihr Duft dich mag kosen,
Trage die schönste der Rosen
Hin zu dem sündenlosen
Heiligsten Herzen des Herrn.
Bringt es dir stechende Dornen ­
Ach, die bleiben nicht fern!
Daß sie nicht Satanskörnlein
Werden, trage die Dörnlein
Hin zu dem schmerzerkornen
Blutenden Herzen des Herrn!
Sprich: „O du rosenzartes.
Dornenwund Herz meines Herrn!
Segne die Tage, die schönen,
Segne die Nächte voll Tränen!
Holdes Geschick wie hartes,
Segnest du’s, trag’ ich es gern
Rauscht der Herbst um die Pfade,
Sinkt meines Lebens Stern –
Dann meine letzte Stunde,
Leg’ ich in deine Wunde,
Leg’ ich in deine Gnade,
Süßestes Herz meines Herrn.
                       
E. v. Handel-Mazzetti