Lass mich nicht sinken

Lass mich nicht sinken, lass die Seele nicht
Im Schmerz ermatten, nicht die dumpfe Haft
Der Krankheit brechen letzte Glaubenskraft
Und nicht n Klagen mein Gedicht!

Gewähre unbefleckte Zuversicht,
Des Herzens Macht, des Geistes Leidenschaft,
Der sich aus Leiden reinste Bilder schafft
Und dankt und feiert, wenn die Form zerbricht!

Lass alle Schmerzen innig sich durchdringen,
Den Staub zu läutern eh den Geist es beugt!
Geduld ist alles, die am Feuer wacht.

In schweren Nächten wachsen zage Schwingen;
Gewähre mir den Sturm, der Dich bezeugt
und überrascht und fortreißt in der Nacht!

1946

 

Quelle: Die Sonette – Reinhold Schneider – von Leben und Zeit, dem Glauben und der Geschichte – Verlag Jakob Hegner – Köln und Olten. 1954.